Festrede von Gerhard Schößler zum 20-jährigen Bestehen des Waldhauses

 

20 Jahre Waldhaus   

    25. August 2012

 

 

Ich begrüße alle unsere Freunde und Gäste zu unserer Jubiläumsfeier „20 Jahre Waldhaus“ auf das herzlichste. Gemeinsam möchten wir aus diesem Anlaß ein paar schöne Stunden verbringen. Ich bedanke mich im Namen unseres Vereins für Euer Kommen.

 

Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, möchte ich an die aktiven Mitglieder erinnern, die nicht mehr unter uns weilen. Es sind dies: Margarete Rudloff, Hilde Schößler, Elfriede Koch und Hans Heid. Für ihr  Wirken und die schönen Erinnerungen an gemeinsam erlebte Stunden an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön.

 

Nun zuerst eine Geschichte, die irgendwie symbolisch ist für eine Entwicklung, wie wir sie alle erlebt haben. Ernst Klotzbach, ein pensionierter Beamter lebte in dem Haus,welches jetzt die Familie Erich Frank bewohnt. Tagtäglich führte ihn sein Weg in den Wald, bekleidet mit Knickerbockerhose und einem Spazierstock in der Hand. So sah ich ihn oft, wenn wir im Feld arbeiteten. Dieser Spaziergang gehörte zu seinem Tagesablauf wie das Essen und Schlafen..

 

In den 60 iger Jahren begann der Ausbau der Grenzsicherungen. Unser Dorf wurde mit dem „500 m „ Schutzzaun umzingelt. Für Ernst Klotzbach war der Wald nun unerreichbar. Er wurde krank, legte sich ins Bett und starb. Natürlich gibt es viele Krankheiten, die zum Sterben führen, aber wenn die Lust am Leben verlorengeht, hat man dem Tod schon die Hand gereicht.

 

Für uns alle war nun der sonntägliche Spaziergang beschränkt auf die Schulstraße, Bahnhofstraße, Gartenstraße und den Weinberg. Der Berkaer Weg war nur bei trockenem Wetter zu empfehlen und der Diesberg war zu meiden, wenn man nicht auffallen wollte, hier wurde ja immer beobachtet. Unsere Kinder kannten es nicht anders, die Flur und der Wald waren ihnen fremd. Fast alle, die hier versammelt sind haben diese Zeit von Anfang an miterlebt. Was heute normal und Alltag ist, war Jahrzehnte nicht möglich und nur sehr schwer vorstellbar.

 

Die große Aufbruchstimmung nach dem Öffnen der Grenzen war überall spürbar. Gerade hier in unserem Dorf war nach Jahrzehnten der Umzingelung mit Stacheldraht und Sperren der Drang groß, die umgebende Natur und besonders den Wald wieder zu erkunden und zu erleben.

 

Eine kleine Gruppe, geschart um Werner Schößler, nutzten diese neue Freiheit, um nicht nur zu erleben, sondern auch zu handeln. In unzählig vielen Arbeitseinsätzen wurden alte und neue Wanderwege erschlossen, Schutzhütten und Rastplätze errichtet und zwei Feuchtbiotope angelegt. Doch das war noch nicht alles, der Wunsch nach einem festen Gebäude in unmittelbarer Waldnähe im sogenannten Niemandsland beeinflußte immer mehr die Gedanken. Dieser Gedanke hätte ohne das selbstlose und aktive Handeln von Werner Schößler nicht verwirklicht werden können. Mit nur wenig Geld, das durch andere Dienstleistungen erarbeitet wurde, großem Einsatzwillen aller Beteiligten und vieler guter Worte um Hilfe mit Technik wurde es möglich. Auch die Behördengänge, die für die Genehmigung nötig waren, gestalteten sich als komplizierte Hindernisläufe. Das Endergebnis – die Genehmigung – war allerdings nur zu dieser Zeit möglich.

 

Alte Grenzplatten von den Fahrzeugsperranlagen, ursprünglich für den Wohnungsbau produziert, wurden als Basis für die Gebäudegründung verlegt. Das Holz wurde im Wald geschlagen, zum Sägewerk Bäumler transportiert und dort geschnitten. Im alten Dreschschuppen am Berkaer Weg wurde es gezimmert, die Zeichnung erstellte der Architekt Werner Schößler. Der Robur der Gemeinde mit dem Fahrer Hans Koch war für die Transporte sehr nützlich. Ziegelsteine erhielten wir von Fritz Löhr, er hatte die Stallanlage auf seinem Grundstück abgerissen. Die Steine wurden vom alten Mörtel gereinigt und dann wieder vermauert, wie es in der DDR so üblich war.Um an etwas Geld zu kommen, holten wir von der Grenzanlage die Betonpfosten und umzäunten den Mülllagerplatz am Berkaer Weg.

 

So entstand Stück für Stück unser Waldhaus – ohne staatliche Fördermittel. Viele, viele Stunden Arbeitszeit wurden von den Mitgliedern des dann gegründeten Heimat- und Wandervereins in dieses entstandene Kleinod investiert. Ich möchte nur den weiteren Ausbau, die Pflege der entstandenen Freiflächen und nicht zuletzt die Brennholzgewinnung erwähnen.

 

Es erfüllt uns mit Stolz, wenn wir heute nach 20 Jahren feststellen, die Attraktivität und Beliebtheit des Waldhauses sind ungebrochen. Menschen, nicht nur aus unserer näheren Heimat erleben hier schöne Stunden in der herrlichen Natur und den gepflegten Anlagen. Besonders nach der Wendezeit lernten sich im Waldhaus viele Menschen wieder kennen, die sich über die Jahre der Trennung fremd geworden waren. Am 1. Mai und am Himmelsfahrtstag ist das Waldhaus jedes Jahr Treffpunkt für viele Menschen unserer näheren Heimat. Auch in der Winterzeit, wenn der Schnee die Landschaft mit einem weißen Kleid zudeckt und der Frost dem Wanderer eine rote Nase verpaßt, entsteht am wärmenden Kamin eine angenehme Stimmung, wenn man dem Lodern der Flammen zuschauen kann. Hinter diesen vielen schönen Begebenheiten steht aber die doch oft harte Arbeit der Mitglieder des Vereins. Hier zeigt sich, wie wichtig Vereine für eine Gemeinde sind, sie tragen entscheidend dazu bei, daß die Gemeinde nicht nur Schlafplatz nach getaner Arbeit ist, sondern mit Leben erfüllt wird, das zum Wohlbefinden  ihrer Bewohner beiträgt. 14 Tage Urlaub in der Ferne können nicht alles ausgleichen. Wir haben gerade in unserer Flur so  schöne Plätze, die immer wieder viele Menschen anziehen und bewundern, ich denke hier an das Naturschutzgebiet Rhäden, die ausgedehnten Rad- und Wanderwege mit Ruhebänken und Schutzhütten und nicht zuletzt an unser Waldhaus und seine Anlagen.

 

Nur im Zusammenhalt unserer Vereine, aber auch mit der Unterstützung unserer Gemeindevertreter und der Eingliederung neuer junger Mitglieder werden wir in der Lage sein, auch in Zukunft für unsere Bewohner und Gäste ein attraktives Dorf zu sein, in dem man gerne wohnt und lebt. Diese Werte können in der Perspektive mit entscheiden über das Fortbestehen eines Ortes. Ich möchte meine Betrachtungen nicht beenden ohne unser, wo immer er kann. aktives Mitglied Fritz Rudloff zu erwähnen. Er ist ein Pionier der ersten Stunde und mit 90 Jahren immer noch dabei, sich einzubringen und zu helfen wo immer er kann.

 

Genug der Worte, heute wollen wir ein paar schöne Stunden verbringen, das wünsche ich uns allen!